Unternehmensverkauf: So denken Sie vertraulich über einen Exit nach
Irgendwann kommt er für die meisten Unternehmerinnen und Unternehmer - der Gedanke an den Exit. Sei es aus Altersgründen, wegen veränderter persönlicher Prioritäten oder weil sich eine einmalige Opportunity bietet. Doch von der ersten vagen Idee bis zur erfolgreichen Vertragsunterzeichnung ist es oft ein langer und heikler Weg.
Denn nichts wäre fataler, als vorschnell die Katze aus dem Sack zu lassen. Schon ein Hauch von "Ausverkauf", der durch unbedachte Äußerungen oder Indiskretionen entsteht, kann Belegschaft und Geschäftspartner verunsichern, Verkaufspreise drücken und den Deal am Ende scheitern lassen. Ein professionell orchestrierter Unternehmensverkauf setzt deshalb auf absolute Vertraulichkeit - vom ersten Nachdenken über die Sondierung des Marktes bis zu den konkreten Verhandlungen.
Was es heißt, diskret und taktisch klug einen möglichen Exit vorzubereiten, zeigt dieser Beitrag. Erfahrene M&A-Berater und Unternehmer, die ihren Betrieb erfolgreich verkauft haben, schildern die wichtigsten Schritte und Fallstricke auf dem Weg zum "geräuschlosen" Dealabschluss.
Schritt 1: Motive und Szenarien für sich selbst klären
Am Anfang steht die schonungslos ehrliche Auseinandersetzung mit den eigenen Motiven und Zukunftsplänen. Rein "rational" mag der Verkauf des Unternehmens viele Vorteile haben - emotional fällt der Schritt den meisten Gründern und Inhabern alles andere als leicht. Deshalb sollte man sich ausreichend Zeit für diese Reflexionsphase nehmen:
- Warum möchte ich mein Unternehmen verkaufen? Überwiegen Push-Faktoren ("Ich bin ausgebrannt und brauche eine neue Perspektive") oder Pull-Faktoren ("Attraktive Kaufangebote führen mir vor Augen, was mein Lebenswerk wert ist")?
- Wie stelle ich mir meine Rolle nach einem Exit konkret vor? Will ich mich komplett zurückziehen oder als Berater/Teilhaber dem Unternehmen verbunden bleiben?
- Was sind meine persönlichen Ziele und Pläne für die Zeit nach dem Verkauf - beruflich wie privat?
- Welches Verkaufsszenario wäre für mich ideal - Komplettveräußerung, Teilverkauf, Fusion, Management-Buy-out...?
"Diese 'Selbstklärung' sollte man wirklich in aller Ruhe machen und sich dabei auch von Vertrauten aus dem engsten Umfeld spiegeln lassen", rät Sören Hofmann, Geschäftsführer eines mittelständischen Maschinenbauunternehmens. "In meinem Fall war das sehr heilsam, um Wunschdenken von Realität zu trennen. Meine Mentoren haben mir recht schnell klargemacht, dass ich mit einer sofortigen 'Freistellung' meiner Person im Zuge des Verkaufsprozesses nicht glücklich würde - mein Baby komplett loszulassen, dafür war ich noch nicht bereit. Heute bin ich sehr froh, noch beratend und projektbezogen an Bord zu sein."
Schritt 2: Das Unternehmen "heimlich" verkaufsfit machen
Steht der Grundsatzentscheid für einen Exit, sollte man sein Unternehmen so früh wie möglich "verkaufsfit" machen. Das bedeutet: Optimierung von Strukturen und Prozessen, um für Investoren möglichst attraktiv zu sein - ohne groß die Trommel zu rühren.
- Wie ist die Finanz- und Ertragslage: Gibt es "Altlasten" in der Bilanz, stille Reserven oder nicht betriebsnotwendiges Vermögen, das vor einem Verkauf ausgegliedert werden sollte?
- Wie effizient und standardisiert sind Produktion, Logistik und Verwaltung? Welche Verbesserungen sind kurzfristig umsetzbar?
- Ist das Unternehmen zu abhängig von Einzelpersonen (Inhaber, Schlüsselmitarbeiter), bestimmten Kunden oder Lieferanten?
- Sind geistiges Eigentum (Patente, Marken, Lizenzen), IT-Systeme und Datenbestände sauber dokumentiert bzw. auf aktuellem Stand?
Viele Inhaber scheuen sich, neutrale Dritte in dieser frühen Phase hinzuzuziehen - aus Angst, nicht mehr "Herr des Verfahrens" zu sein. "Das ist ein Fehler", warnt Hofmann. "Man unterschätzt leicht, wie viel Optimierungsbedarf ein Unternehmensscreening aus Investorensicht zutage fördern kann. Oft geben bereits wenige Tage Beratung mit einem erfahrenen M&A-Experten wertvolle Impulse - im vertraulichen 4-Augen-Gespräch, ohne dass die Belegschaft etwas mitbekommt. Je früher man ansetzt, desto besser stehen die Karten für einen Top-Abschluss."
Schritt 3: Vertrauliche Investorensuche und -sondierung
Bei der Suche und Auswahl potentieller Käufer ist Fingerspitzengefühl gefragt. Kein seriöser Investor wird sich von einem "unbekannten Verkäufer" ins Blaue hinein kontaktieren und detaillierte Unternehmensdaten übermitteln lassen. Das riecht nach Zeitverschwendung oder Schlimmerem - Industriespionage. Stattdessen empfiehlt sich ein mehrstufiges, hochdiskretes Vorgehen:
- Welches sind für mein Unternehmen die "natürlichen" strategischen Käufer, z.B. direkte Wettbewerber oder vor-/nachgelagerte Zulieferer/Abnehmer, die Synergien erzielen können? Auch Finanzinvestoren und große Konzerne kommen in Frage.
- Wie mache ich diese Zielgruppen "appetit", ohne mich zu offenbaren? Hier sind anonymisierte Kurzprofile hilfreich, die ein M&A-Berater in seinem Netzwerk streuen kann.
- Erst bei konkretem Interesse werden Vertraulichkeitsvereinbarungen (NDA) unterzeichnet und sukzessive detailliertere Unternehmensinfos ausgetauscht.
- Weisen die potentiellen Partner die nötige "Seriosität" in Form überprüfbarer Track Records, solider Finanzierung und werthaltiger Kaufpreisvorstellungen auf? Due Diligence ist keine Einbahnstraße.
"Dass bei alldem 'höchste Staatsgeheimnisse' gewahrt werden, ist oberstes Gebot - nicht nur nach außen, sondern auch gegenüber Führungskräften und Gesellschaftern, die nicht zum engsten Zirkel gehören", mahnt Experte Hofmann.
"Mein Rat: Wirklich nur die allernötigsten Eingeweihten, Telefonate stets mit Raumverlassen und unterdrückter Nummer, Mails verschlüsseln, Codewörter benutzen, Meetings außer Haus in Büros der M&A-Berater. Auch die Familie muss sich daran gewöhnen, dass Papa oder Mama oft 'unterwegs' und 'nicht zu sprechen' ist - Notlügen inklusive. Klingt übertrieben, hat sich aber vielfach bewährt."
Schritt 4: Verhandlungen - mit kühlem Kopf und Doppelstrategie
Schneller als man denkt, wird es ernst. Ein Käufer signalisiert konkrete Verhandlungsbereitschaft, legt vielleicht sogar ein unerwartetes "Hammer-Angebot" vor, um Fakten zu schaffen. Spätestens jetzt darf man sich nicht blenden lassen:
- Bleibt man seiner vorab definierten Verhandlungsstrategie treu? Was sind unverzichtbare Deal-Parameter ("deal breaker"), wo ist man kompromissbereit?
- Vergisst man nicht, parallel mögliche Plan-B-Alternativen warmzuhalten - falls der Wunschkäufer doch noch abspringt?
- Sichert man sich hinreichend Expertenrat, um komplexe Term Sheets, SPAs, Garantieklauseln etc. richtig zu verstehen? Verhandlungsgeschick und ein kühler Kopf sind ein Muss - aber kein Ersatz für juristisches und steuerliches Spezialwissen.
Karin Meyer, die ihren Outdoor-Versender nach zähem Ringen erfolgreich an einen Finanzinvestor verkaufte, erinnert sich: "Die Gespräche zogen sich quälend lange hin - inklusive harter Bandagen und Psychospielchen. Da reift schon mal der Gedanke: Vielleicht sollte ich denen einfach nachgeben, damit die Sache endlich durch ist. Gut, dass meine Berater mich immer wieder einnordeten und daran erinnerten, was ich wirklich will. Sonst hätte ich wohl voreilig unterschrieben - und später bereut."
Schritt 5: Verkaufsabschluss - vertraulich bis zuletzt
Sind alle kommerziellen und juristischen Punkte geklärt, kann der Vertrag endlich unterzeichnet werden. Doch Vorsicht: Selbst in diesem Stadium ist höchste Vertraulichkeit gefragt - und zwar so lange, bis Käufer und Verkäufer gemeinsam grünes Licht für die Kommunikation geben.
- Im Kreis von Führungsriege, Belegschaft und Geschäftspartnern lässt sich eine Transaktion dieser Tragweite nicht von heute auf morgen "ausplaudern" - das erfordert eine umsichtige, gut abgestimmte Informationskampagne. Nichts wäre schlimmer als Gerüchte und Verunsicherung.
- Oft gibt es rechtliche und behördliche Fristen, die den Abschluss hinauszögern können - z.B. das Vorkaufsrecht eines stillen Gesellschafters, Prüfungen durch Kartellbehörden etc. Bis zur finalen Entwarnung ist Funkstille angesagt.
- Auch die Nachfolgeregelung und der Übergang von Führungs- und Repräsentationsaufgaben wollen strategisch klug terminiert und orchestriert sein.
"So sehr juckt es einen in den Fingern, das Ergebnis endlich in die Welt zu posaunen - man muss auf der Zielgeraden die Nerven behalten", resümiert Meyer. "In unserem Fall hat es nochmals 6 Monate gedauert, bis wir unsere Belegschaft und die Presse informieren konnten. Eine Geduldsprobe. Aber geregelte Abläufe und Vertraulichkeit bis zur letzten Unterschrift haben sich für alle Beteilig
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Sven Gräber
Co-Founder & Chief Growth Officer
Sven ist ein erfahrener Unternehmer, der bereits mehrere Unternehmen erfolgreich verkauft hat. Er hat viele Erfahrungen mit der Finanzierung von Unternehmensübernahmen gesammelt und ist ein erfahrener Berater für Unternehmensverkäufe.
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