Wie ein Amazon FBA Geschäft aufgebaut werden kann und was Käufer beachten sollten
Viaductus Gründer Sven Graeber gibt im Interview mit Christopher Heckel (CTO viaductus) einen Einblick in den Aufbau seines Amazon FBA Geschäfts. Wenn Sie selbst überlegen einen FBA Geschäft aufzubauen, ist dieser Artikel ein guter Einstieg.
"Wie sind Sie ursprünglich auf die Idee gekommen, einen FBA Shop zu gründen, und wie lange hat es gedauert, bis Sie profitabel wurden?"
Ich bin nebenberuflich in das Amazon FBA Business gestartet, der Hintergrund war, dass ich in meinem 9 to 5 Konzernjob keine Erfüllung mehr sah. Ich wollte schlicht mir etwas Eigenes aufbauen, und nachhaltig einen Wert für mich selbst schaffen. Der Grundstein war gelegt, ich wollte etwas eigenes machen. Die Frage war nur nur was? Wie alle anderen habe ich ganz klassisch gegoogelt und entsprechende Inhalte auf Youtube und Co. konsumiert. Von der ersten Idee, bis zum Start mit Amazon hat es rund 3 Monate gedauert. Das mit der Profitabilität war zu Beginn nicht einfach, mein erstes Produkt hat es gerade so geschafft die schwarze Null zu erreichen. Wäre es profitabel gewesen, dann hätte es rund 8 Monate gedauert. Nachdem ich aber das Game durchblickt habe, wusste ich, dass es funktionieren kann. Das nächste Produkt war ein voller Erfolg – es hat also ca. 1,5 Jahre gedauert.
"Welche Faktoren haben sich als entscheidend für den Erfolg Ihres FBA Geschäfts erwiesen, und wo lagen die größten Herausforderungen?"
Immer unter einer eigenen Marke verkaufen, dadurch kann man höhere Preise rechtfertigen. Reine Händler von Drittmarken, unterliegen einem Preiskampf. Mit einer eigenen Marke kann man frei bestimmen wie Preise, Angebote und Co. Gestaltet werden. Darüber hinaus ist es die Auswahl der Nische (Größe, Wettbewerbssituation und Attraktivität) und die Entwicklung des Produkts gepaart mit gutem Marketing/ Produktbildern und höchste Qualität, um erfolgreich zu werden. Ganz wichtig: Kann das Produkt unter Berücksichtigung aller Kostenfaktoren rentabel sein. Hier gilt: vorsichtig kalkulieren. Am Anfang sind es definitiv die ganzen Prozesse und was man alles beachten muss, wie Amazon funktioniert, praktisch das Setup. Später ist es ausreichend Kapital aufzutreiben, um eine Nische zu dominieren und immer ausreichend Ware auf Lager zu haben, das sind aber Luxusprobleme.
"Wie gestaltet sich Ihr Prozess der Produktauswahl und -beschaffung, und welche Margen konnten Sie dabei durchschnittlich erzielen?"
Die Produktauswahl ist ein Kernelement. Hier sollte man nicht „schnell“ sein wollen. Analysiert die Konkurrenzprodukte ganz genau, was machen die Produkte, was können diese, was bemängeln die Kunden in den Bewertungen, was finden die Kunden gut. Man muss kein komplett neues Produkt entwickeln, man muss eben nur ein Produkt besser machen oder ein Produkt, welches außerhalb von Amazon existiert unter eigener Marke auf den Marktplatz bringen. (ACHTUNG: hier muss zwingend auf Designschutz und Patente geachtet werden). Die Produktbeschaffung läuft weitestgehend über Alibaba ab, zumindest in den meisten Nischen. Auf Alibaba findet man schnell 5-10 Hersteller, die man anschreiben kann. Bevor man aber direkt 1.000 Einheiten bestellt, sollte man immer erst sogenannte Samples, also Testprodukte bestellen, die nach den eigenen Vorstellungen gefertigt wurden. Man prüft das Produkt auf Herz und Nieren, verhandelt mit den Herstellern und verbessert das Produkt nochmal. Im Anschluss gibt es das Golden Sample, man überprüft dieses nochmal, bevor man die Massenproduktion startet. In der Regel dauert es dann ca. 3-4 Monate, inklusive Frachtweg, bis die Waren in Deutschland verfügbar sind. Ich würde sagen, dass die durchschnittliche Marge bei ca. 10-15% liegt.
"Welche Systeme und Prozesse haben Sie implementiert, die das Geschäft auch ohne Ihre ständige Anwesenheit am Laufen halten?"
Wenn man ein Produkt erfolgreich an den Markt gebracht hat, muss man dieses nur noch überwachen. Man passt seine Werbemaßnahmen auf Amazon in einem 2 Wochen Rhythmus an, hier würde ich empfehlen keine teuren Tools zu nutzen, diese bringen kaum bessere Ergebnisse und sind sehr teuer. Meine Tools die ich dauerhaft im Einsatz haben: Helium10 und Sellerboard. Ein gut gepflegter Account auf Sellerboard ermöglicht es Tagesgenau seine Einnahmen und Ausgaben im Blick zu halten. Man kann schnell reagieren, wenn etwas nicht läuft. Helium10 ist einfach super, um seine Wettbewerber und sein organisches Ranking im Blick zu behalten. Wenn man ein Produkt von Beginn an gut aufgesetzt hat, liegt der wöchentliche Verwaltungsaufwand bei 2-3 Stunden
"Was sind die wichtigsten Kennzahlen (KPIs), die Sie regelmäßig überwachen?"
Umsatz, Produktdeckungsbeitrag, Werbeausgaben auf Amazon (PPC), Retourenquote, Lagerbestand, organisches Ranking, Anzahl Bewertungen. Die Einkaufpreise ändern sich meist nur marginal. Wichtig ist es die Transportkosten im Blick zu behalten.
"Wie gehen Sie mit der Konkurrenz und möglichen Produktkopien auf Amazon um?"
Schwieriges Thema, wenn man sein Produkt nicht schützen kann bzw. nicht geschützt hat kann man fast nichts tun außer sich als „Original“ zu platzieren. Ein weiterer Weg kann sein, die Produktkonformität der Konkurrenz zu überprüfen und bei Verstoß diese an Amazon zu melden. Das Problem: man tritt hier selbst mit seinem Namen auf, man muss damit rechnen, dass schlechte Bewertungen bekommt oder selbst auf Konformität geprüft wird. WICHTIG: nur machen, wenn man sich 100% sicher ist alle Konformitäten zu erfüllen. Ein Alternativer weg wäre das über AMZ Compliance zu machen – externe Anwälte die gegen Geld das Produkt prüfen, ohne dass man mit seinem Namen hinhalten muss.
"Welche Aspekte Ihres Geschäfts würden Sie als besonders attraktiv für potenzielle Käufer einschätzen?"
Es ist ein Asset-Light Business Modell, heißt man muss keinen Maschinenpark aufbauen und dauerhaft die Instandhaltung im Blick haben. Darüber hinaus ist es mit ausreichend Kapital ein sehr skalierbares Geschäftsmodell, welches ab einem gewissen Zeitpunkt auch nicht arg viel mehr Personal braucht. Je nach Nische und Produktportfolio kann das auch noch ein interessanter Faktor sein. Z.B. Die Eintrittsbarrieren für Kinder- und Babyprodukte sind immens hoch, da die Regulatorik und Zertifikate teuer sind. Die meisten Verkäufer aus Fernost trauen sich hier nicht ran bzw. überleben nicht lange. Darüber hinaus geben Eltern gerne viel Geld für Ihre Kinder aus, dementsprechend ist die Pricing Power hoch, was Investoren wiederum gefällt.
"Was würden Sie einem potenziellen Käufer raten, worauf er bei der Due Diligence eines FBA Geschäfts besonders achten sollte?"
Vor einigen Jahren gab es eine Konsolidierungswelle durch sogenannte Aggregatoren. Viele von diesen gibt es heute nicht mehr, sie haben sich die Finger verbrannt. Kernthemen:
- Die BWA/ der Jahresabschluss spiegelt da tatsächliche Ergebnis wider, nicht Sellerboard
- Überprüft die Produktkonformität (Liegen alle Zertifikate vor, stimmt die Produktkennzeichnung, etc.)
- Bestellt euch die Produkte auf Amazon selbst und überzeugt euch von der Qualität
- Schaut euch die einzelnen Produktdeckungsbeiträge an.
- Wie hat sich der Markt entwickelt (Helium10 gibt Einblicke). Bestes Beispiel: Homeoffice Boom während Corona.
"Danke für das Interview!
Über den Autor
Sven Gräber
Co-Founder & Chief Growth Officer
Sven ist ein erfahrener Unternehmer, der bereits mehrere Unternehmen erfolgreich verkauft hat. Er hat viele Erfahrungen mit der Finanzierung von Unternehmensübernahmen gesammelt und ist ein erfahrener Berater für Unternehmensverkäufe.
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